- 27. Januar 2023
- Immobilien
- von Markus Frieser
Grundsteuer – quo vadis?
Seit geraumer Zeit hängt über den deutschen Immobilienbesitzern ein Damokles-Schwert. Die Grundsteuerreform kommt unaufhaltbar auf sie zu. Auch viele unserer Mandanten sind immer noch verunsichert. Das berühmte „Licht am Ende des Tunnels“ ist für viele nicht sichtbar, obwohl alle medialen Institutionen massenhaft Berichte und Abhandlungen verfassten.
Einen anderen Einblick in diese Thematik, mit viel Interpretationsspielraum, möchten wir Ihnen nachfolgend mit zwei Auszügen aus dem Bundesfinanzministerium geben.
Bis zum Jahr 2025 wird die Grundsteuer neu bewertet. Jeder private Immobilieneigentümer hat die Pflicht bis Ende Januar 2023 (!) seine individuelle Grundsteuererklärung beim zuständigen Finanzamt abzugeben. Denn das Grundsteuerreformgesetz (Bundesverfassungsgericht Urteil vom 10. April 2018) erfordert eine Neubewertung der (bebauten) Grundstücke. Die grundsätzliche Berechnungsart (Einheitswert, Grundsteuermesszahl und Hebesatz), mit denen die Grundsteuer berechnet wurde, bleibt im Wesentlichen bestehen.
Auszug dazu vom Bundesministerium der Finanzen
„Bei der Umsetzung der Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts wird unter Wahrung der dem Bund derzeit nach dem Grundgesetz zustehenden Gesetzgebungskompetenz an das bestehende Bewertungs- und Grundsteuersystem angeknüpft. Das Gesetz zielt daher auf eine verfassungskonforme, rechtssichere und zeitgemäße Fortentwicklung der Grundsteuer und der damit verbundenen Bewertung der Grundsteuerobjekte, um die Grundsteuer als verlässliche Einnahmequelle der Kommunen zu erhalten. Da die Gesetzgebungskompetenz des Bundes in der Wissenschaft nicht einheitlich beurteilt wird, wird diese unzweifelhaft abgesichert. Dazu erhält der Bund mit der zeitgleich eingebrachten Grundgesetzänderung uneingeschränkt die konkurrierende Gesetzgebungskompetenz zur Regelung der Grundsteuer. Zeitgleich wird den Ländern über eine Ergänzung in Artikel 72 Absatz 3 GG eine umfassende abweichende Regelungskompetenz eröffnet.“
Kommentar:
Was genau bedeutet dieses Urteil für den Immobilienbesitzer? Der Bund erhält seine verfassungskonforme Gesetzgebungskompetenz, erlaubt den Ländern aber abweichende Regelungskompetenz (sog. Länderöffnungsklausel). Genau hier kann ein bundeslandspezifisches Chaos entstehen, da es den Ländern und Kommunen erlaubt wird, eigene Bewertungen (z.B. Hebesatz) aufzustellen.
Auszug dazu vom Bundesministerium der Finanzen
„Nicht beabsichtigt ist eine strukturelle Erhöhung des Grundsteueraufkommens. An die Gemeinden wird daher appelliert, die aus der Neubewertung des Grundbesitzes resultierenden Belastungsverschiebungen durch eine gegebenenfalls erforderliche Anpassung des Hebesatzes auszugleichen, um ein konstantes Grundsteueraufkommen zu sichern.“
Kommentar:
Es bleibt abzuwarten, ob der Apell der Bundesregierung, das Grundsteueraufkommen nicht zu erhöhen, bei den („klammen“) Gemeinden ankommt und nicht als zusätzliche Einnahmequelle gesehen wird.
So wird die Grundsteuer berechnet
Grundsteuermessbetrag = Grundsteuermesszahl (2,6 bis 10 ‰) x Einheitswert
Grundsteuer = Grundsteuermessbetrag x Hebesatz (geographisch individuell)
Anm.:
Die Grundsteuermesszahl ist dem 1. Grundsteuerbescheid zu entnehmen
Der Einheitswert ist über das Ertragswert- oder Sachwertverfahren ermittelbar
Den Hebesatz stellt die Stadtverwaltung zur Verfügung.
Kommentar:
Liegen die Steuerunterlagen erst einmal bei Ihrem Finanzamt, wird davon ausgegangen, dass aufgrund der heillosen Überlastung der Ämter (knapp 36 Mio. Grundstücke müssen in Deutschland neu bewertet werden) geraume Zeit vergehen wird, bis Ihnen ein Bescheid über die reformierte Grundsteuer zugestellt wird.
Bitte beachten Sie schon jetzt, den erteilten Bescheid umgehend von Ihrem Steuerberater überprüfen zu lassen. Sollte sich der Steuerbescheid als fehlerhaft erweisen, so bleibt Ihnen nur ein Monat Zeit (§ 355 Abs. 1 AO) um den Bescheid bei Ihrem Finanzamt anzufechten.
Natürlich stehen Ihnen unsere Kollegen für weitere Fragen gerne zur Verfügung.
FAQ - Häufige Fragen
1. Ab wann gelten die neuen Grundsteuermessbeträge?
Der Hauptfeststellungsstichtag ist der 01.01.2022. Das bedeutet, das Finanzamt bewertet den Grundbesitz genau auf diesen Tag. Die neuen Grundsteuermessbeträge gelten jedoch erst ab dem Jahr 2025.
2. In welchem Abstand wird die Bewertung der Grundstücke in Zukunft erfolgen?
Um eine erneute Ungleichbehandlung zu vermeiden sieht das neue Gesetz eine regelmäßige Bewertung der Grundstücke vor. Die Finanzämter überprüfen grundsätzlich alle sieben Jahre, ob und inwieweit sich der Grundsteuerwert geändert hat. Weicht der Wert schon innerhalb des Sieben-Jahres-Zeitraums aufgrund von Abriss, Neubau oder Umbau ab, stellt das Finanzamt den Grundsteuerwert vor Ablauf der sieben Jahre neu fest.
3. Wohin fließen die Einnahmen aus der Grundsteuer?
Die Grundsteuer ist neben der Gewerbesteuer die wichtigste Steuer für die Städte und Gemeinden. Die Mittel werden benötigt um damit Schulen, Kitas, Schwimmbäder oder Büchereien zu finanzieren und wichtige Investitionen in die örtliche Infrastruktur wie Straßen, Radwege oder Brücken vorzunehmen.
4. Wird die zu zahlende Grundsteuer durch die Reform erhöht?
Die Gesamtsumme der Grundsteuer soll aufkommensneutral bleiben, d.h. insgesamt sollen die Bürgerinnern und Bürger nicht mehr bezahlen müssen. Jedoch werden sich die individuellen Grundsteuerzahlungen durch Belastungsverschiebungen verändern. Während einige mehr Grundsteuer zahlen werden, wird die Grundsteuer bei anderen geringer. Die aktuellen Ungerechtigkeiten sollen durch diese Umverteilung ausgeglichen werden.
5. Was ist eine Öffnungsklausel?
Die Öffnungsklausel gibt den Bundesländern die Befugnis, eigene Gesetze zur Grundsteuer zu erlassen und somit vom Bundesmodell abzuweichen. Auf unserer Website finden Sie unter „Reform“ die einzelnen Verfahrensweisen der Bundesländer erläutert.
6. Was ist die neue Grundsteuer C?
Neben der Grundsteuer A für landwirtschaftliche Betriebe und der Grundsteuer B für bebaute und unbebaute Grundstücke gibt es nun nach der Grundsteuerreform die Grundsteuer C. Mit dieser Steuer können Städte und Gemeinden für unbebaute, jedoch baureife Grundstücke durch einen höheren Hebesatz einen Anreiz schaffen diese Grundstücke zu bebauen. Der Gesetzgeber will somit dem Wohnungsmangel insbesondere in Ballungsgebieten entgegenwirken.
7. Warum ist es wichtig, dass meine Grundsteuer-Bescheide durch einen Steuerberater geprüft werden?
Bleiben eventuelle Fehler in den Steuerbescheiden zur Grundsteuer unentdeckt können diese zu einer zu hoch festgesetzten Grundsteuer führen. Da die festgestellten Grundsteuerwerte nach Bestandskraft der Steuerbescheide verbindlich für die nächsten Jahre festgestellt sind, ist eine fehlerfreie Bearbeitung unerlässlich.
8. Wer legt den Hebesatz zur Grundsteuer fest?
Die Gemeinden können den Hebesatz für die Grundsteuer jährlich anpassen. Diesen Beschluss können die Gemeinden bis zum 30.06. eines Jahres treffen und die Grundsteuer rückwirkend zum 01.01. des Jahres anpassen.
9. Auf welchen Rechtsgrundlagen beruht die Grundsteuer?
Grundsätzlich sind die gesetzlichen Grundlagen für die Grundsteuer im Grundsteuergesetz und im Bewertungsgesetz zu finden. Im Grundgesetz ist zusätzlich verankert, dass die Einnahmen aus der Grundsteuer der zuständigen Gemeinde zufließen.
10. Handelt es sich bei der Grundsteuer um eine bundeseinheitliche Regelung?
Das Bundesministerium für Finanzen hat sich zusammen mit den meisten Bundesländern auf das sogenannte „Bundesmodell“ geeinigt. Bundesländer, die sich diesem Modell nicht anschließen wollen können aufgrund der „Öffnungsklausel“ ein eigenes Grundsteuermodell einführen. Folgende Bundesländer haben ein eigenes Ländermodell: Niedersachsen, Hamburg, Hessen, Baden-Württemberg, Bayern
11. Ich habe ein Gebäude auf einem Grundstück mit Erbbaurecht. Wer muss die Grundsteuererklärung abgeben?
Für die Berechnung der Grundsteuer wird das mit dem Erbbaurecht belastete Grundstück und das darauf errichtete Bauwerk (meistens Einfamilienhaus, Zweifamilienhaus oder Mehrfamilienhaus) zu einer Bewertungseinheit zusammengefasst und der Gesamtwert für die Grundsteuer nach den Grundsätzen des Ertragswertverfahrens oder des Sachwertverfahrens ermittelt. Zur Abgabe der verbindlichen Feststellungserklärung zur Grundsteuer (kurz: Grundsteuererklärung) hat das Gesetz ausschließlich den Erbbauberechtigten, also den Eigentümer des Einfamilien- oder Zweifamilienhauses, verpflichtet.